Ein Schulprojekt aus Handyfoto und kleiner Geschichte
(Foto: Leni Frühauf)
In einer kleinen Stadt in Ostdeutschland, am Rande einer Straße in einem Wohnbezirk, steht ein alter, gelber Briefkasten. Seine Farbe war leuchtend Gelb, wie alle Briefkästen und Telefonzellen in der DDR-Zeit. Über die Jahrzehnte sind die Farben verdreckt und verblasst. Wer genau hinblickt, kann noch die Spuren der Sticker erkennen, die einst von eiligen Händen daraufgeklebt wurden, um Nachrichten zu verbreiten oder Veranstaltungen zu bewerben.
Der Postkasten ist ein Zeuge der Geschichte. In den Zeiten der DDR war er eine wichtige Anlaufstelle für die Menschen des Viertels. Liebesbriefe, die in sorgfältiger Schönschrift verfasst waren, wurden durch seinen Schlitz geschoben, Familien aus Westberlin sendeten Nachrichten, die von Hoffnung oder Sorge sprachen, und die amtlichen Schreiben, die in seinem Bauch landeten, entschieden oft über die Zukunft seiner Nutzer.
Nach der Wende änderte sich das Leben um den gelben Briefkasten herum. Mit dem Aufkommen von E-Mails und Handys begann die Zahl der Briefe drastisch zu sinken. Die Jugendlichen, die einst in großer Zahl am Postkasten vorbeiströmten, tippten nun auf ihren Bildschirmen. Die Beziehung, die die Menschen zum Briefkasten hatten, kühlte ab. Der Postkasten, in vergangenen Zeiten ein Zentrum der Kommunikation, wurde zu einem Relikt, das selten genutzt wurde.
Heute zeigt der gelbe Briefkasten Zeichen der Vernachlässigung. Graffiti, manche kaum mehr als Schmierereien, bedecken Seiten, die früher peinlich sauber gehalten wurden. Der Postbote, der früher kaum den Sack voller Post tragen konnte, benötigt heute nur noch eine Hand, um die wenigen Briefe herauszuziehen. Der Lärm und die Lebendigkeit, die ihn in früheren Zeiten umschwirrten, sind einer stillen Melancholie gewichen.
Obwohl er von vielen vergessen wurde, birgt der gelbe Postkasten eine Unzahl voller Erinnerungen. Er erinnert sich an die Aufregung und die Geheimnisse, die früher so häufig geteilt wurden. In stillen Momenten, wenn die Straße leer ist und das Licht der Straßenlaternen sein Metall in mildes Licht taucht, flüstert er Geschichten, die die Vorbeigehenden selten hören.
Doch an einem nebligen Morgen, ein Wunder: Ein älterer Herr nähert sich dem Postkasten. Mit zittriger Hand hält er einen Umschlag. Es ist ein Liebesbrief, einer wie aus alten Zeiten. Der Mann erinnert sich an die Adresse seiner ersten Liebe, die er nie vergessen konnte. Als der Brief im Schlitz verschwindet, flackert ein kurzes Lächeln über die Lippen des Postkastens. Vielleicht – so scheint es – ist seine Zeit bisher nicht ganz vorbei.